17. Oktober 2025

Wie kann ein Werkswohnen 2.0 funktionieren?

Mittlerer Niederrhein. Nicht nur der Arbeits-, sondern auch der Wohnungsmarkt bereitet Unternehmerinnen und Unternehmern Sorgen. Bei der Suche nach Fach- und Arbeitskräften schauen sich zahlreiche Unternehmen deutschland-, wenn nicht sogar weltweit um. Ein Arbeitsverhältnis ist allerdings auch davon abhängig, ob die künftigen Mitarbeitenden eine bezahlbare und den jeweiligen Ansprüchen gerecht werdende Wohnung finden. Und das ist längst nicht mehr nur in Ballungsräumen ein Problem. Im schlimmsten Fall platzen Rekrutierungserfolge, weil keine adäquate Wohnung zu finden ist. Wie sich Unternehmen wappnen können, diskutierten die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) Service GmbH bei der Veranstaltung „Zukunft Beschäftigtenwohnen – praktische Ansätze“ mit Unternehmerinnen, Unternehmern sowie mit Akteuren aus Verwaltungen und der Immobilienwirtschaft.

Dass von diesem Problem nicht nur auswärtige Fachkräfte, sondern auch Auszubildende betroffen sind, betonte Silke Hauser, Bereichsleiterin Industrie, Klimaschutz und Mobilität, in ihrer Begrüßung. „In unserer Region wurden in diesem Jahr 3.600 neue Ausbildungsverhältnisse geschlossen. Viele Azubis möchten den Start ins Berufsleben mit dem Auszug aus dem Elternhaus und dem Einzug in die erste eigene Wohnung verbinden.“ Häufig sei auch ein mangelhaftes ÖPNV-Angebot ein Grund für den Umzug in Unternehmensnähe, sodass sie auf eine bezahlbare Wohnung angewiesen seien. „Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist eine zusätzliche Wachstumsbremse, weil Unternehmen offene Stellen deshalb nicht oder erst mit viel Verzögerung besetzen können“, betonte Sofie Geisel, Geschäftsführerin der DIHK Service GmbH. „Ein Werkwohnungsbau 2.0, der unterschiedliche Möglichkeiten für betriebliches Engagement umfasst, kann hier einen echten Unterschied machen. Für Fachkräfte, für Unternehmen, aber auch für Wachstum.“

Annett Jura, Abteilungsleiterin Wohnungswesen und Immobilienwirtschaft beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, animierte Unternehmen, sich mit dem Thema zu befassen: „Einen Arbeits- und einen Mietvertrag zusammen abschließen zu können, ist für Unternehmen bei der Suche nach Arbeitskräften ein großes Plus. Es wäre toll, wenn Sie hier am Niederrhein an die Tradition des Werkswohnungsbaus anknüpfen würden“, sagte sie. Deswegen hat das Ministerium eine eigene Informationskampagne zu diesem Thema aufgelegt. Unternehmerinnen und Unternehmer können von den günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen und den Fördermöglichkeiten des Bundes und der Länder profitieren.

Welche Maßnahmen das „Wohnen für Mitarbeitende“ umfasst, erläuterte Dr. Phillipp Deschermeier vom Institut der Deutschen Wirtschaft aus Köln „Unternehmen haben vor diesem Thema eine große Furcht, weil es in ihren Augen zu teuer und zu aufwändig ist“, erklärte er. Dabei sei eine Unterstützung der Mitarbeitenden beim Wohnen eine Investition in den zukünftigen Unternehmenserfolg. Die Maßnahmen unterscheiden sich in direkte und indirekte. Zu den direkten Maßnahmen gehört der Kauf oder Bau von Wohnungen, die dann an die Mitarbeitenden vermietet werden und die Kooperation mit Partnern (Erwerb von Belegrechten/An- und Weitervermietung). Indirekte Maßnahmen sind Unterstützungen wie zum Beispiel die Beauftragung von Maklern, finanzielle Zuschüsse, ein schwarzes Brett oder Tauschbörsen.

Nachdem Dr. Sebastian Brinkmann von der dhpg GmbH in Krefeld die steuerlichen Hintergründe und Incentives für Unternehmen und Beschäftigte erläutert und Claudia Schwan-Schmitz, Dezernentin Planung, Bauen, Mobilität, Umwelt der Stadt Mönchengladbach, über die Themen Wohnraummangel und Flächenverfügbarkeit gesprochen hat, wurde es konkret: So berichtete zum Beispiel Jakob Langen von DLL Dr. Langen Liegenschaften in Mönchengladbach über das Projekt cohub41. Dabei handelt es sich um ein Mitarbeiterwohnhaus mit 25 Zimmern in neun WGs, die an Unternehmen für deren Mitarbeitende vermietet werden. Dominic Willand von der Willand Group stellte seine Wohngemeinschaftsprojekte vor. Er hat zwei Immobilien in Mönchengladbach zu großen WGs umgebaut, deren Zimmer ebenfalls an Unternehmen vermietet werden. Das Besondere: Es gibt einen „Full Service“. Dazu gehört auch eine Unterstützung zum Beispiel für ausländische Auszubildende. Die DGN Deutsches Gesundheitsnetzwerk Service GmbH schafft gerade selbst Wohnraum für die eigenen Mitarbeitenden. Das Kaarster Unternehmen investiert 13,5 Millionen in ein Wohnbauprojekt im Quartier Commerhof, das Geschäftsführer Armin Flender vorstellte. Es besteht aus 38 Wohneinheiten, von denen ein Teil für Mitarbeitende genutzt werden soll. Eric Sassenscheidt, dessen Unternehmen in Düsseldorf beheimatet ist, stellte das Konzept der Mikro-Apartments vor, das beispielgebend auch für Konzepte am Niederrhein sein kann.

Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein

Sie diskutierten das Thema Beschäftigtenwohnen (v.l.n.r.): Sofie Geisel (DIHK Service GmbH), Dr. Sebastian Brinkmann (dhpg GmbH), Dr. Phillipp Deschermeier (Institut der Deutschen Wirtschaft Köln), Annett Jura (Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen), Erik Sassenscheidt (Sassenscheidt GmbH & Co. KG), Armin Flender (DGN Deutsches Gesundheitsnetzwerk Service GmbH), Claudia Schwan-Schmitz (Stadt Mönchengladbach), Dominic Willand (Willand Group) und Silke Hauser (IHK Mittlerer Niederrhein). | Foto: IHK Mittlerer Niederrhein