Jüchen. Es ist mehr als nur ein symbolischer Akt. Die letzten Vorbereitungen laufen für den Startschuss des wegweisenden Projektes. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke setzt den Auftakt für das zukünftige Bauprojekt der „Jüchener Wohnen eG“. Als Vertreter der Gesellschaft freut sich Bürgermeister Harald Zillikens, dass ein wichtiger Meilenstein für die Stadtentwicklung in der Stadt gesetzt wird. Ein Projekt, das als Blaupause für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gilt und auf einem innovativen Kooperationsmodell zwischen Stadt, Kreis und einem privaten Partner basiert.
Die Geschichte der „Jüchener Wohnen eG“ begann mit einer klaren, datengestützten Notwendigkeit. Eine Wohnraumbedarfsanalyse hatte für Jüchen eine Lücke von rund 760 neuen Wohnungen bis zum Jahr 2030 prognostiziert. Angesichts dieser alarmierenden Zahl war für Bürgermeister Harald Zillikens klar, dass die Kommune selbst das Ruder in die Hand nehmen musste. „Jüchen wird für Privatinvestoren immer interessanter, doch deren oft profitorientierten Ziele sind mit unserem Ziel – der Schaffung von bedarfsgerechtem und dauerhaft bezahlbarem Wohnraum – nicht immer vereinbar“, erklärt Harald Zillikens. Die Stadt stand vor einer zentralen Herausforderung: Wie kann man schnell, effizient und zielgerichtet bauen, ohne den städtischen Haushalt zu belasten oder einen teuren, schwerfälligen Verwaltungsapparat aufzubauen?
Die Lösung fand sich im „Detmolder Modell“, einer besonderen Form der öffentlich-privaten Partnerschaft, die speziell für Kommunen dieser Größenordnung entwickelt wurde. Der finanzielle Hebel ist dabei ebenso clever wie transparent: Die Stadt brachte das Grundstück für das erste Projekt an der Holzer Straße als Sacheinlage ein und stellte zusätzlich 330.000 Euro für die Abbruchkosten der Altgebäude zur Verfügung. Beide Posten wurden in Genossenschaftsanteile umgewandelt. „Die Möglichkeit, ohne großen eigenen Personaleinsatz und ohne den Einsatz hoher städtischer Haushaltsmittel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, über den wir als Stadt dauerhaft verfügen können, hat letztlich den Ausschlag für diese Lösung gegeben“, so der Bürgermeister. So wurde ein Millionenprojekt angestoßen, ohne den Kernhaushalt direkt zu belasten.
Als strategische Partner wurden die Service- und Koordinierungsgesellschaft des Rhein-Kreises Neuss und die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH gewonnen, die das Modell mitentwickelt hat. Deren Geschäftsführer Michael Kirchner, der zugleich Co-Vorstand der Jüchener Wohnen eG ist, erklärt den entscheidenden operativen Vorteil: „Als Genossenschaft unterliegen wir nicht dem starren öffentlichen Vergaberecht. Das beschleunigt die Prozesse enorm und erlaubt uns, gezielt lokale Handwerksbetriebe einzubinden und so die regionale Wirtschaft zu stärken.“ Trotz dieser privatwirtschaftlichen Flexibilität behält die Stadt durch ihre starke Vertretung im Aufsichtsrat und ein in der Satzung verankertes Vetorecht bei wesentlichen Entscheidungen die volle Kontrolle. „Wir wollten nicht nur Wohnraum schaffen, sondern einen integrativen Raum für Gemeinschaft und nachhaltige Entwicklung“, ergänzt Kirchner die Vision hinter dem Projekt.
Der politische Rückhalt für diesen innovativen Weg war von Anfang an enorm. Der Gründungsbeschluss im Stadtrat im Dezember 2022 fiel einstimmig – ein starkes, parteiübergreifendes Signal für die Dringlichkeit und Richtigkeit des Vorhabens. An der Holzer Straße 70 werden elf moderne Wohneinheiten für Familien entstehen. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf präzise 4,05 Millionen Euro.
Der Löwenanteil der Finanzierung könnte durch ein Förderdarlehen der NRW.BANK in Höhe von über drei Millionen Euro gestemmt werden, ergänzt durch ein Darlehen der Sparkasse. Der entscheidende Baustein für den Erfolg könnte ein Tilgungsnachlass von über 1,1 Millionen Euro sein– ein Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden müsste und erst die angestrebte Kaltmiete von 6,70 Euro pro Quadratmeter ermöglichen würde. Zudem wird das Gebäude nach einem hohen energetischen „Netto-Null-Standard“ errichtet, was zusätzliche Fördermittel sichert und die Nebenkosten für die zukünftigen Mieter niedrig halten wird. Die Abrissarbeiten sind bereits abgeschlossen, der Baubeginn ist nunmehr in Kürze geplant und die Fertigstellung bei optimalen Rahmenbedingungen für Herbst 2026.
Für Bürgermeister Harald Zillikens ist dies erst der Anfang einer langfristigen Strategie. „Die Stadt Jüchen ist attraktiv, viele wollen hier wohnen. Daher ist die Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum bedeutend. Mit der Gründung der ‚Jüchener Wohnen eG‘ ist ein wichtiger Schritt getan worden.“ Ein Schritt, der beweist, wie Kommunen mit Mut, strategischer Weitsicht und den richtigen Partnern die drängendsten sozialen Fragen ihrer Zeit erfolgreich beantworten können.
Quelle: Stadt Jüchen

Von links: Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, Bürgermeister Harald Zillikens, Technische Dezernentin Sabina Janclas und Günter Kozlowski (Pyramis Entwicklungs GmbH) | Foto: Stadt Jüchen